Grundlage war die Resolution 180 der UN-Vollversammlung vom 21. November 1947, in der festgestellt wurde, dass „Völkermord ein internationales Verbrechen [ist], das nationale und internationale Verantwortung von Menschen und Staaten erfordert“, um der völkerrechtlichen Verbrechen imZweiten Weltkrieg zu gedenken.
Die Konvention definiert Völkermord in Artikel II als „eine der folgenden Handlungen, begangen in der Absicht, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören:
- a) das Töten von Angehörigen der Gruppe
- b) das Zufügen von schweren körperlichen oder seelischen Schädenbei Angehörigen der Gruppe
- c) die absichtliche Unterwerfung unter Lebensbedingungen, die auf die völlige oder teilweise physische Zerstörung der Gruppe abzielen
- d) die Anordnung von Maßnahmen zurGeburtenverhinderung
- e) die zwangsweise Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe“
In § 6 des deutschenVölkerstrafgesetzbuches wie auch im schweizerischen Strafgesetzbuch[3] ist die Tat entsprechend der Konvention definiert.
AbgrenzungBearbeiten
„Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, „Kriegsverbrechen“, „Völkermord“ und „Holocaust“ werden häufig fälschlicherweise als Synonyme verwendet. Bei den ersten drei Begriffen handelt es sich um Rechtsbegriffe, die zugleich wissenschaftliche Kategorien sind.[4]
- Verbrechen gegen die Menschlichkeitsind breit angelegte oder systematische Übergriffe auf die Zivilbevölkerung. Im Völkerrecht stellen sie einen Oberbegriff dar, unter den sowohl „Kriegsverbrechen“, „Verbrechen gegen den Frieden“, als auch „Völkermord“ fallen.
- Kriegsverbrechen sind kriminelle Handlungen, die während eines bewaffneten Konflikts begangen werden und die vor allem gegen dieGenfer Konventionen verstoßen.
- Als Holocaust wird das Vorhaben der Nationalsozialisten im Zweiten Weltkrieg bezeichnet, alle europäischen Juden zu ermorden.
Kennzeichnende Merkmale der StraftatbeständeBearbeiten
Zu beachten ist, dass nur die Absicht zur Vernichtung der Gruppe erforderlich ist, nicht aber auch die vollständige Ausführung der Absicht. Es muss eine über den Tatvorsatz hinausgehende Absicht vorliegen, eine nationale, ethnische, rassische, religiöse oder auch soziale Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören.
Die Handlungen nach Artikel II Buchstaben a) bis e) der Konvention (in Deutschland umgesetzt durch § 6Abs. 1 Nr. 1 bis 5 VStGB) hingegen müssen tatsächlich (und willentlich) begangen werden. Dies bedeutet insbesondere, dass es nicht vieler Opfer bedarf, damit die Täter sich des Völkermordes schuldig machen. Bloß ihre Vernichtungsabsicht muss sich auf die ganze Gruppe oder einen maßgeblichen Teil von ihr richten. Die Täter erfüllen den Straftatbestand beispielsweise, wenn sie – in dieser besonderen Absicht – einzelnen Gruppenmitgliedern ernsthafte körperliche oder geistige Schäden zufügen oder den Fortbestand der Gruppe verhindern wollen, etwa durch Zwangskastration. Eine Anklage wegen Völkermordes bedarf daher nicht der Ermordung auch nur eines Menschen.
Umgekehrt gilt auch: Handlungen nach Artikel II Buchstaben a) bis e) der Konvention sind kein Völkermord, wenn ihr Ziel nicht darin besteht, eine Gruppeganz oder teilweise zu vernichten, egal wie viele Mitglieder getötet oder sonst wie beeinträchtigt werden. Solche Maßnahmen sind ebenfalls kein Völkermord, wenn ihr Ziel darin besteht, eine Gruppe auszurotten, die nicht durch nationale, ethnische, rassische oder religiöse Eigenschaften definiert ist.
Ob auch die tatsächliche Gefahr der Zerstörung einer geschützten (Teil-)Gruppe bestehen muss, ist rechtlich umstritten.[5] Von der Beantwortung dieser Frage hängt ab, ob auf einen isoliert handelnder Einzeltäter, der in der Hoffnung auf eine teilweise oder vollständige Zerstörung der Gruppe handelt, Völkerstrafrecht anzuwenden ist.[6]
StrafverfolgungBearbeiten
Die praktische Bedeutung der Konvention war bis zu denJugoslawienkriegen sehr gering. Bis dahin gab es nur sehr wenige Anklagen wegen Völkermords. Die erste Verurteilung durch ein internationales Gericht auf der Basis der Konvention erfolgte im September 1998 durch dasAkayesu-Urteil des Internationalen Strafgerichtshofs für Ruanda.
Artikel 6 der Konvention geht grundsätzlich vom Territorialitätsprinzipaus, wonach Völkermord vor den Gerichten in den Ländern verfolgt wird, in denen die Tat begangen worden ist. Darüber ist die Zuständigkeit von internationalen Gerichtshöfen vorgesehen, soweit die Vertragsstaaten sich dieser Gerichtsbarkeit unterworfen haben.
In Deutschland ist der Straftatbestand des Völkermordes in § 6 desVölkerstrafgesetzbuches niedergelegt. Gemäß § 1 VStGB gilt für Völkermord das Weltrechtsprinzip, d. h. Taten können auch dann in Deutschland verfolgt werden, wenn sie weder in Deutschland begangen sind noch ein Deutscher beteiligt ist.
Auch nach Schweizer Strafgesetzbuch gilt das Weltrechtsprinzip (Art 264mStGB). Eine parlamentarische Immunitätoder ähnliche Schutzklauseln sind nicht anwendbar und schützen vor einer Verurteilung nicht (Art 264n). Selbst die normalerweise angewendete Regel, dass in der Schweiz nicht mehr verfolgt wird, wessen Tat im Ausland verjährt ist oder der dort freigesprochen wurde, ist nur insofern anwendbar, als nicht offensichtlich die ausländischen Gerichte die Tat bewusst verharmlosen. Einen „Freispruch“ durch ein Regime, das Völkermord und ähnliche Verbrechen offensichtlich billigt oder selber begeht, soll damit nicht als abschließendes Urteil anerkannt werden (Art 265m Abschnitt 3).